Der Erfurter Militärstandort im Kaiserreich 1871 – 1918 

Im Ergebnis des deutsch-französischen Krieges wird 1871 das Deutsche Reich proklamiert. In Erfurt wird für die heimkehrenden Truppen auf dem Anger ein drei bogiges Triumphtor durch die Bevölkerung errichtet. Hier wurden u.a. das 3.Thüringer Infanterieregiment Nr.71, welches seit 1860 in Erfurt lag, begrüßt. Nach der Reichseinigung werden zahlreiche preußische Festungen aufgegeben oder offen gelegt, da ihr militärischer Wert deutlich gesunken ist.

Die Festung Erfurt liegt nun inmitten des Reichsgebietes. Ihre vormalige Aufgabe, Preußen an der Südflanke zu sichern, ist entfallen. Es setzen ab 1873 Entfestigungsarbeiten ein, die drei Jahrzehnte andauern. Im Oktober 1873 beginnen die Entfestigungsarbeiten mit:
 

 

1.der Beseitigung der Zugbrücken am Andreastor

 

2.der Beseitigung der Brühlertorpassage

 

3.Planierungsarbeiten auf dem Petersberg und der Cyriaksburg

 

4.die Justizverwaltung kauft das Louisental

 

Ab 1874 beginnt die Bebauung des Festungsraions, im Andreas-, Johannes-, Krämpfer- und Schmidtstedterfeld entstehen Wohnquartiere. Ende der 1870er und Anfang der 1880er Jahre erfolgt der Abbruch des Schmidtstedter-, Krämpfer- und des Löbertores. Sowie 1900 des Gothaer Brückenkopfes. Es werden die Wälle abgetragen und die Festungsgräben zugeschüttet. Das Fort I wird einplaniert. Die Andreasbastion, die Brühler Lünette und die Hirnzingenschanze werden abgetragen. Die Kosten belaufen sich auf ca. 200.000,00 Reichsmark. Die freigewordenen Flächen werden mit städtischen Bauten belegt. So entsteht z.B. auf der Fläche des ehemaligen Fort I das städtische Krankenhaus. Auch der Petersberg wird offen gelegt. Von einer Schleifung der Anlage größeren Umfanges wird aus Kostengründen abgesehen. Der Petersberg bleibt der zentrale Militärstandort der Stadt. Ab 1877 bis etwa 1910 erfolgen umfangreiche Umstrukturierungen innerhalb der preußischen Armee, so dass auch in Erfurt Einheiten abgezogen werden und neue Einheiten gebildet werden. Die Garnisionsstärke beträgt 1872, wie auch 1910 etwa 3.000 Mann. Auf Grund des starken Anstieges der Erfurter Bevölkerung sinkt allerdings der prozentuale Anteil der Militärpersonen an der Gesamtbevölkerung auf unter 3%. Mittlerweile waren mehr als 2/3 kaserniert untergebracht. Neben dem Petersberg, der Cyriaksburg, dem Martins- und dem Cyriakskloster wurden nun auch die Kochenbuchschen Häuser auf dem Mainzer Hof dazugerechnet. 1877 wurden diese durch die „Neue Mainzerhof-Kaserne“ (Martinikloster) ersetzt. Von 1893 -1896 wird die Rudolfkaserne gebaut. Die Wahl des Bauplatzes für die erste, den zeitgemäßen Ansprüchen genügende Kasernenanlage in Erfurt hängt mit der Stationierungsentwicklung der Artillerie in Erfurt zusammen. Über Jahrzehnte war die Artillerie in Erfurt sowohl in der Zitadelle, wie auch im Mainzerhofviertel untergebracht. Zu ihren Stammquartieren entwickelte sich ab 1887 das frühere Martinikloster, das noch bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges und damit insgesamt rund 100 Jahre als „Kaserne“ diente. Im Dreieck zwischen Dom, Gothaer Platz und Hornwerk konzentriert sich damit, mit der mittlerweile entstandenen Gewehrfabrik, die Artillerie, wenn man mal von der nicht mehr erhaltenen „Kaserne IV“ (am früheren Andreastor) absieht. Die Rudolfkaserne wurde am 01.10.1896 nach Abschluss der Herbstübung, von der erst 1893 aufgestellten IV. Abteilung des Feldartillerieregimentes Nr.19 bezogen. Am 28.09.1910 wurde die neue Jägerkaserne im Süden Erfurts dem Kommandanten des neu zu bildenden Jägerregimentes Nr.6 übergeben. Die Soldaten und ca.1.000 Pferde kamen aus halb Preußen. In der Zeit des ersten Weltkrieges kämpften alle drei Erfurter Regimenter, das Jägerregiment zu Pferde Nr.6, das 3.Thüringer Infanterieregiment Nr.71 und das Feldartillerieregiment Nr.19, in ganz Europa.