Die Kirche St. Peter und Paul (Nr.21 im Plan Petersberg)

 

Würdigung!

Von 1103 – 1147 wird die heute noch stehende dreischiffige Pfeilerbasilika errichtet.

Kirche von Süden

Während der Bauzeit dient die Annenkapelle (später ins Hospital integriert) als Gottesdienstort.

Eine erste große Orgel wird 1226 eingebaut. Glockeneinbauten sind für 1246 für den Südturm, 1255 für den Nordturm nachgewiesen.

Der Abt Günther von Nordhausen veranlasst den Einbau eines „Heiligen Grabes“ im Nordwestturm, die Umgestaltung der Turmhelme, sowie die Einwölbung der bisher flach gedeckten Kirche in Vierung und Querhaus.

1604 werden als letztes die Seitenschiffe eingewölbt; wann das Langhaus eingewölbt wurde, ist nicht überliefert.

Die Kirche ist keine Pfarrkirche mit eigener Gemeinde sondern ausschließlich Klos­terkirche. Die Klosterangehörigen sind aber nicht nur Mönche sondern auch Laien, die für die verschiedensten Tätigkeiten zum „Personal“ gehören. Dazu gehören z.B. auch Gärtner, Bauhandwerker, Hirten, Fuhrleute, Pferdepfleger u.ä.

Als Pfarrkirche für die Gemeinde, zu der auch die Bewohner der Häuser am Berg­hang neben der großen Treppe gehören, dient die erstmals 1185 erwähnte romani­sche Leonhardskapelle (Nr.22), die auf Grund der architektonischen Durchbildung sicher zeitgleich mit der Klosterkirche entstanden ist. Von ihr zeugen nur noch die Grundmauern, die nach der Zerstörung des seit 1677 als Zeughaus (Nr.22) dienen­den Gotteshauses im Jahre 1945 übrig blieben.

In der mittelalterlichen Frömmigkeit begründet ist, dass alle Kirchen über eine Viel­zahl von Altären verfügen. Diese Seiten- oder Nebenaltäre wurden von Herrschern, Adligen oder Patriziern gestiftet mit der Auflage, Fürbitten für ihr Seelenheil an ihnen zu halten. Diese Stiftungen konnten unterschiedlich ausgestattet sein, die Spannweite ging von täglichen Messen bis zu Jahrtagen.

Besonders begehrt wegen des Seelenheiles waren die Grablegen innerhalb der Kir­che und in der Nähe der gestifteten Altäre. Die Grafen von Gleichen hatten als Vögte des Klosters mehrere Gräber innerhalb der Klosterkirche. Das bekannteste ist das des „zweibeweibten“ Grafen, dessen Grabplatte sich seit 1813 im Dom befindet.

Der Graf von Gleichen erwirbt 1134 einen Hof auf dem Petersberg und nutzt ihn als Herberge. Ein Keller vom Gleichen-Hof (Nr.26) wird 1337 erwähnt und ist heute noch erhalten.

Die Kirche besitzt keine Krypta, die beiden Türme stehen im Osten, somit im Ein­klang mit den Türmen von Dom und Severi. Die Sandsteinquader von ungewöhnli­cher Größe sind exakt bearbeitet und fast fugenlos aufgemauert.

Die Details an Pfeilern, Sockeln, Kapitellen, Arkaden und Friesen sind handwerklich ansprechend ausgeführt, insgesamt aber sachlich und aufwandlos, ganz wie es die Hirsauer Reformidee verlangt.

Der östliche Abschluß des Gebäudes ist rechteckig, also ohne Apsiden, ausgeführt. Apsiden befinden sich lediglich im Osten der Querschiffarme.

Das Dach des Langhauses gliedert sich in die Pultdächer der Seitenschiffe und das Satteldach über den Obergaden. Alte Darstellungen zeigen ein imposantes Gebäude.

Das Kirchenschiff ist unterteilt in das Langhaus mit Laienkirche, den kleinen Chor für die Mönche mit niederen Weihen, dem großen Chor für die Priestermönche und dem Presbyterium für Gottesdiensthandlungen des Abtes.

Mit der Gesamtlänge von 74 m, der Breite von 20 m und der Querhauslänge von 34 m gehört die Klosterkirche St. Peter neben der Hirsauer Kirche zu den damals größten Klosterkirchen im Reich.

Ein ehemals vorhandenes Paradies vor der Westfassade existiert nicht mehr. Auf alten Ansichten ist diese Vorkirche noch erkennbar. Die geplanten Westtürme kommen nicht zur Ausführung, erkennbar sind sie noch bis zur Seitenschiffhöhe. Es gab nie eine viertürmige Klosterkirche.


Die „Schauseite“ der Ostfront mit den hohen schlanken Türmen mit Spitzhelmen war zur Stadtseite gerichtet, ebenso die aufwändig geschmückten Apsiden der Seitenschiffe.

Die nördliche Seitenschifffront war durch die Klosteranbauten, besonders den Kreuzgang, dem Auge des Besuchers verborgen. grundriss kircheSie war demzufolge schmucklos im unteren Bereich, wie der Obergaden aussah ist nicht überliefert.

Ganz anders die Südfront, die frei zugänglich war. Neun Abschnitte mit neun Fenstern werden gebildet, jeder Abschnitt endet oben mit neun Bögen des Bo­genfrieses, darüber durchgehend Schachbrettfries und Traufgesims.

Die Wandfläche wird senkrecht gegliedert durch einfache Lisenen bis zum Rück­sprung in etwa 4,5 m Höhe, darüber erheben sich zierliche Halbsäulen mit atti­schen Basen und Würfelkapitellen. Die ehemalige Raumwirkung im Inneren lässt sich durch den Rückbau im 19. Jahrhundert und dem Einbau eines Zwischenbo­dens nur noch erahnen.

Im Gegensatz zu vielen Hirsauer Bauten mit Säulen, ausladenden attischen Basen und großen Würfelkapitellen entstanden hier Pfeiler mit detailliertem Querschnitt.

Im jetzigen Obergeschoss kann man die ehemalige Kapitellzone in Augenhöhe betrachten.

Die Südfront der Kirche weist drei Besonderheiten auf, zum einen eine Ritzzeich­nung im Bereich des Chores (ehemaliger Südturm), die den Schmerzensmann (Christus mit den Marterwerkzeugen und seinen Wundmalen) darstellt. Ein knieender Klosterbruder hält ein Spruchband in Händen, das eine der ältesten Schriften in deutscher Sprache wiedergibt: „Christ Gervche zv Labine di Sele der begrabine Amen“.

Neben dem Querhaus weist eine Schrift in lateinischer Sprache auf die 195 Pest­toten von 1382 hin, die hier im Klosterbereich begraben sind.

Das Kreuzigungsrelief wurde 1370 in die Mauer neben dem Südportal eingefügt. Christus hängt im Dreinageltypus an einem Astkreuz, begleitet von Maria und Johannes zu seiner Rechten. Eine Besonderheit ist die Darstellung des Kirchen­patrons Petrus, kenntlich am Schlüssel.

 

Text in Broschüre III: Der Petersberg vor 1664